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In der Rubrik "Wissen und Tipps" informieren wir zu psychologischen Fragen und geben Tipps für den Alltag. Hier: Wie kann ich gute Entscheidungen treffen?


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Soll ich´s wirklich machen, oder lass ich´s lieber sein?! Wie entscheide ich mich gut, ohne beim „Jein“ hängenzubleiben, wie im Lied von Fettes Brot? In unsere Online-Beratung kommen auch Menschen mit dem Wunsch, bei wichtigen Entscheidung unterstützt zu werden. „Soll ich mich von meinem Partner trennen oder nicht?“ „Welcher ist der richtige nächste Schritt im Beruf?“, Soll ich meinen Auslandsaufenthalt abbrechen oder zu Ende bringen?“ - Fragen, die das weitere Leben beeinflussen. Wenn es wichtig wird, dann wollen wir die „richtigen“ Entscheidungen treffen. Aber wie geht das?!

Der Körper will gehört werden

Wir haben zwei Entscheidungssysteme – so die aktuelle psychologische und neurologische Forschung: Das rationale und das emotionale Entscheidungssystem. In unserem rationalen System arbeitet der Verstand. Wir wiegen wir Vor- und Nachteile gedanklich ab und stellen uns unterschiedliche Konsequenzen vor. Wir denken bewusst nach, was richtig oder falsch ist. Viele Menschen vertrauen vor allem ihren Verstand, um Entscheidungen zu treffen.

Das zweite, emotionale Entscheidungssystem beruht auf unseren Gefühlen. Es arbeitet eher unbewusst und ist viel schneller als der Verstand. Es wird auch Bauchgefühl oder Intuition genannt. Ein interessantes Thema, zu dem wir etwas ausholen. Im Gehirn existiert das sogenannte emotionale Erfahrungsgedächtnis (nach Gerhard Roth). Dort sind die erlebten Gefühle und Körpersignale vergangener Entscheidungen gespeichert. Bei Angst das Kniezittern, bei Traurigkeit der Kloß im Hals, bei Aufregung das Kribbeln im Magen, bei Erleichterung das befreite Gefühl in der Brust.Diese Körpersignale ruft das Gehirn als Unterstützung dann ab, wenn uns eine ähnliche Entscheidung wieder bevorsteht. Diese „somatischen Marker“ (nach António Demasio) geben uns mit anderen Worten wichtige Hinweise, welche Entscheidung für uns gut ist.

Gefühle und Verstand im Konflikt

Mit dem Verstand Entscheidungen treffen, ohne dass das Gefühl dazu stimmt, führt oft zum typischen „Guter-Vorsatz-Phänomen“ nach Silvester. Die vernünftige Entscheidung, z.B. mit dem Rauchen aufzuhören, verläuft im Sande. Das emotionale Erfahrungsgedächtnis hatte keine positive Reaktion auf den Vorsatz gezeigt.

Gute Entscheidungen treffen wir also dann, wenn wir den Verstand und das Bauchgefühl in Einklang bringen können. Viele Menschen sind jedoch ungeübt auf dieses Bauchgefühl, ihre Intuition zu achten. Ein erster Schritt ist dabei, die eigenen „somatischen Marker“ wahrzunehmen. Damit lenken wir die Aufmerksamkeit auf unsere Gefühle und Körpersignale. Erst wenn die Gefühlsseite mit einer Entscheidung stimmig ist, ist sie nachhaltig.

Hin- und Hergerissen zwischen zwei Möglichkeiten

Manchmal fühlen wir uns wie in einer Zwickmühle. Wir können uns zwischen zwei Optionen nicht entscheiden, wägen immer wieder ab, ohne zu einer Lösung zu kommen und fühlen uns zwiespältig. Dieser Zustand wird in der Psychologie Ambivalenz (nach Eugen Beuler) genannt und tritt ein, wenn gegensätzliche Gefühle oder Gedanken nebeneinander stehen. Dabei kann man verschiedene Situationen unterscheiden:

Das Süßwarenproblem: Bei diesem „Joy-Joy-Dilemma“ muss man sich zwischen zwei guten Dingen entscheiden. Das können zum Beispiel zwei attraktive Jobangebote mit einer gleich guten Position und Gehalt sein.

„Zwischen Pest und Cholera“ entscheiden: Das „Pain-Pain-Dilemma“ bedeutet, dass beide Optionen nicht angenehm sind und Angst oder Streit verursachen können. Man muss sich zwischen zwei unangenehmen Möglichkeiten entscheiden.

„Ich kann nicht mit ihm und nicht ohne ihn leben“: In diesem verzwickten „Joy-Pain-Dilemma“ ist die Person sowohl angezogen als auch abgestoßen von der gleichen Sache. D.h. einerseits will man zum Beispiel die Beziehung weiterführen, weil sie einem viel gibt. Anderseits gibt es den Impuls sich zu trennen, weil die Beziehung auch Leid und Schmerz verursacht.

Gute Entscheidungen treffen durch praktische Tipps

Tipp 1 - Überblick gewinnen

Legen Sie eine Liste mit Vor- und Nachteilen für alle Entscheidungsoptionen an. Füllen Sie die Liste detailliert aus. Ist die Liste vollständig oder fehlen Ihnen vielleicht noch Informationen? Nehmen Sie sich Zeit für diese Entscheidungsgrundlage und überprüfen, ob alle wichtigen Vor- und Nachteile enthalten sind.

Nicht jedes Argument ist gleich wichtig. Gewichten Sie Ihre Vor- und Nachteile. Welcher Vorteile ist besonders schwerwiegend, welche Nachteile weniger wichtig? Sie können Schulnoten verteilen oder Wichtiges unterstreichen.
Um zur Entscheidung zu kommen, geht es nicht allein darum, die alle Vor- und Nachteile zusammenzuzählen. Mit der erarbeiteten Liste können Sie sich über Ihre eigenen Argumente klarer werden

Tipp 2 - Phantasieren und auf Gefühle hören

Entwickeln Sie in Ihrer Vorstellung ein Bild davon, welche Konsequenzen Ihre Entscheidung haben wird. Stellen Sie es sich detailliert und so lebendig wie möglich vor: Was ist dann? Wo sind Sie dann? Wie sieht es dort aus? Wer ist außer Ihnen noch da?

Den Bauch dabei nicht vergessen! Beobachten Sie, welche Gefühle und Reaktionen bei Ihnen auftauchen. Diese „somatischen Marker“ können Ihnen wichtige Hinweise auf Ihre Intuition geben. Kluge Entscheidungen treffen Sie nur dann, wenn neben Sie dem Verstand auch Ihr Bauchgefühl berücksichtigen.

Tipp 3 - Entspannung schaffen

Treffen Sie Entscheidungen nicht unter Stress. Stress ist eine schlechte Voraussetzung, um guten Entscheidungen zu treffen, da er unser Denken blockiert. Unter Stress schüttet das Gehirn Noradrenalin aus. Dieser Botenstoff bewirkt, dass wir in bedrohlichen Situationen blitzschnell reagieren können, schaltet aber weite Teile der Großhirnrinde ab. In diesem Teil des Gehirns „sitzt“ jedoch der Verstand. Rationale Entscheidungen werden dann praktisch nicht mehr möglich. Stellen Sie eine entspannte Atmosphäre her, um eine Entscheidung abzuwägen. Auch die Volksweisheit „eine Nacht drüber schlafen“ kann hier helfen.

Tipp 4 - Möglichkeiten erweitern

Schaffen Sie sich mehr Handlungsmöglichkeiten. Manchmal gib es noch mehr Möglichkeiten, als Sie zunächst denken. Sie können sich eine Liste mit Alternativen anfertigen. Dabei dürfen Sie zunächst auch verrückte Lösungen aufschreiben. Es geht darum, kreative Ideen zu entwickeln. Danach können Sie diese dann bewerten.

Tipp 5 - Zeit nehmen

Ich habe mich entschieden und sage - vielleicht! Gute Entscheidungen treffen - das ist oft ein längerer Prozess. Wie viel Zeit Sie dafür brauchen, kann ihnen niemand anderes sagen, Sie wissen es selbst am besten. Oft ändern sich die Gedanken und Gefühle im Laufe der Zeit. Dieses Hin- und Herschwanken kann als unangenehm und sogar quälend wahrgenommen werden. Man kann es aber auch positiv sehen: Erst durch diese Ambivalenz wird es uns möglich, beide Seiten gut abzuwägen.

Entscheidungen treffen mit externer Begleitung

In unseren Beratungen nehmen wir uns Zeit, KlientInnen im Prozess der Entscheidungsfindung zu begleiten. Dabei stehen uns viele Mittel und Methoden zur Verfügung, unter anderem aus der systemischen Beratung und Therapie. Wir stellen Fragen, die helfen sollen, die Situation zu ordnen und noch einmal neu zu beleuchten. Wir versuchen durch neue Blickwinkel Möglichkeiten zu eröffnen. Am Ende soll ein Ergebnis stehen, zu der die Klientin mit Verstand und Herz „Ja“ sagen.

Quellen:
Damásio, A. R. : Descartes’ Irrtum – Fühlen, Denken und das menschliche Gehirn (1994).
Fuller, C. & Taylor, Ph.: Therapie-Tools – Motivierende Gesprächsführung (2012).
Roth, G.: Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Frankfurt am Main, Suhrkamp
Storch, M.: Das Geheimnis kluger Entscheidungen. Piper, München.

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